Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 12.11.2002
Aktenzeichen: 11 U 204/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 313 Satz 2 a.F.
1. Nur die infolge des formnichtigen Grundstückskaufvertrages erklärte Auflassung und anschließende Eintragung im Grundbuch heilen den Formmangel nach § 313 Satz 2 BGB a.F.

2. Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des gescheiterten Grundstückserwerbs.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 204/01 OLG Naumburg

verkündet am: 12. Nov. 2002

In dem Berufungsrechtsstreit

...

wegen Schadensersatzes auf Grund Nichterfüllung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2002 unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. Grubert und Krause für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 26.09.2001, Geschäftszeichen: 6 O 675/01, abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 74.835,67 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe und Auflassung der lastenfreien, insbesondere nicht mit der in Abt. III des Grundbuchs von B. Blatt 154 unter lfd. Nr. 3 eingetragenen Grundschuld zugunsten der H. AG über 135.000 DM nebst Zinsen belasteten, Grundstücke

a) Flur 4 Flurstück 43/1, eingetragen im Grundbuch von B. Blatt 154 lfd. Nr. 5,

b) Flur 4 Flurstück 176, eingetragen im Grundbuch von B. Blatt 154 lfd. Nr. 6,

c) je nach dem Stand des Vollzuges des zwischen der Klägerin und den Eheleuten E. und K. L. am 05.02.2001 zur UR-Nr. 140/2001 des Notars K. aus R. geschlossenen Tauschvertrages - Flur 4 Flurstücke 177 und 178, eingetragen im Grundbuch von B. Blatt 154 lfd. Nr. 6, oder Flur 4, Flurstück 179, derzeit noch eingetragen um Grundbuch von B. Blatt 283

und Bewilligung der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben, wobei die Beklagten für die Gerichtskosten als Gesamtschuldner haften.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 75.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 170.000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Mit notariellem Kaufvertrag vom 24.06.1998 (UR-Nr.: 1096/1998 des Notars Ulrich K. aus R. ) verkauften die Beklagten an die Klägerin die im Grundbuch von B. Blatt 154 eingetragenen Grundstücke Flur 4, Flurstück 43/1 und 43/2, die mit dem Wohnhaus in B. , D. straße 29 bebaut waren. Der Kaufpreis betrug 170.000 DM. Beide Vertragsseiten erklärten sogleich die Auflassung. Der Klägerin wurde zur Finanzierung des Kaufpreises eine Vorbelastungsvollmacht eingeräumt. § 3a des Vertrages behielt der Klägerin ein Rücktrittsrecht vor, das sie zwischen dem 20.07. und 30.07.1998 schriftlich ausüben konnte, falls bis dahin ihr Kreditinstitut die Kaufpreisfinanzierung schriftlich abgelehnt haben sollte (Bd. I Bl. 8-13 d.A.). Das zum Kaufgegenstand gehörende Gebäude ist ca. 1949 errichtet worden und wies eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren auf.

Mit Schreiben vom 30.07.1998 nahm die Klägerin gegenüber den Beklagten vom Kaufvertrag Abstand (Bd. I Bl. 14/15 d.A.). Nachdem im August 1998 eine Finanzierung durch die H. zustande kam, sah sich die Klägerin dann doch in der Lage, die Grundstücke zu erwerben. Mit Einverständnis der Beklagten brachte sie den "Rücktritt vom Rücktritt" zum Ausdruck.

Der Grundstückskaufvertrag vom 24.06.1998 gelangte zur Durchführung. Die verkauften Grundstücke wurden mit einer am 21.10.1998 in Abt. III lfd. Nr. 3 des Grundbuchs von B. Blatt 154 eingetragenen Grundschuld über 135.000 DM zugunsten der H. belastet. Da die Beklagten die Grundstücke zunächst weiter nutzten, zahlten sie an die Klägerin hierfür insgesamt 4.100 DM. Am 10.04.1999 bezog die Klägerin schließlich das Wohnhaus. Ihre Grundbucheintragung als Eigentümerin erfolgte am 13.07.1999. Während der Zeit ihrer Grundstücksnutzung hat die Klägerin das Vordach des Anbaus für 771,30 DM erneuern lassen.

Zur gleichen Zeit als die Parteien über den Ankauf des Grundstücks durch die Klägerin verhandelten und sich einigten, stritten die Beklagten mit ihren Grundstücksnachbarn E. und K. L. über ein Wegerecht. Am 07.08.1998 führte das Landgericht Dessau als Berufungsgericht in diesem Rechtsstreit einen Ortstermin durch, bei dem sich die dortigen Parteien dahin verglichen, Flächen ihrer Grundstücke zu tauschen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 07.08.1998 - Bd. I Bl. 16-18 d.A.). Am 24.03. und 09.06.1999 wurden das Flurstück 43/2 und die den Nachbarn gehörende Fläche 43/3 zum Zwecke der Durchführung des Vergleichs vermessen. Aus dem Flurstück 43/2 entstanden die Flurstücke 176, 177 und 178. Vom Flurstück 43/3 wurde eine Teilfläche von 35 m² abvermessen, bei der es sich um das neu entstandene Flurstück 179 handelt.

Nach Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch ließen die Eheleute E. und K. L. den vor dem Landgericht Dessau geschlossenen Vergleich auf die Klägerin umschreiben und betrieben nachfolgend die Zwangsvollstreckung. Die sich auf vertragliche Umsetzung des geschlossenen Vergleichs in Anspruch genommen sehende Klägerin wandte sich mit einer Klage gegen die Vollstreckungsklausel, die sie allerdings zurücknahm als die Gläubiger durch Weiterführung der Vollstreckung die Klägerin zum Flächentausch zwangen. Am 05.02.2001 gab die Klägerin vor dem Notar K. zu dessen UR-Nr.: 140/2001 die geforderten Erklärungen ab. Die Flurstücke 177 und 178 sollen nach der getroffenen Vereinbarung an E. und K. L. zu hälftigem Miteigentum übertragen werden. Im Gegenzug erhält die Klägerin das Flurstück 179. Die Auflassung ist erklärt (Bd. I Bl. 28-31 d. A.).

Die Klägerin hat die Beklagten in erster Instanz auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch genommen, da die ihr verkauften Grundstücke auf Grund des von den Beklagten geschlossenen Vergleichs mit einem Rechtsmangel behaftet seien bzw. die Beklagten die Klägerin nicht über die mit den Nachbarn getroffenen Abreden unterrichtet hätten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 170.000 DM Zug um Zug gegen Auflassung der Grundstücke

a) Grundbuch von B. , Bl. 154, Flur 4, Flurstück 43/1 (271 m²), b) Grundbuch von B. , Bl. 154, Flur 4, Flurstück 176 (217 m²), c) Grundbuch von B. , Bl. 283, Flur 4, Flurstück 179 (35 m²)

zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, die Klägerin frühzeitig über den Rechtsstreit und den geschlossenen Vergleich informiert zu haben. Aus Anlass des Rücktritts habe man der Klägerin ausdrücklich erklärt, man werde nunmehr wieder über das Grundstück verfügen. Nachdem die Klägerin dann doch habe erwerben wollen, sei ihr von dem Vergleich berichtet und ihr eine Kopie des Sitzungsprotokolls ausgehändigt worden.

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau hat die Klage durch Urteil vom 26.09.2001 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Klägerin könne keinen Schadensersatz begehren, weil der von den Beklagten geschlossene Vergleich nicht hätte auf die Klägerin umgeschrieben werden dürfen.

Gegen diese, dem Klägervertreter am 22.10.2001 zugestellte Entscheidung wendet sich die am 13.12.2001 mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung beim Oberlandesgericht eingegangene und begründete Berufung der Klägerin. Dem Wiedereinsetzungsgesuch hat der Senat mit Beschluss vom 13.12.2001 stattgegeben.

Die Klägerin wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und weist insbesondere auf die Vielzahl der von ihr eingelegten Rechtsbehelfe gegen die Inanspruchnahme aus dem Vergleich hin. Sie ist der Auffassung, dass bei der Rückabwicklung des Grundstückskaufs auch ein von ihr errichteter beweglicher Schuppen zum Anschaffungspreis von 675 DM berücksichtigt werden müsse.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 170.000 DM Zug um Zug gegen Auflassung der Grundstücke

a) Grundbuch von B. , Bl. 154, Flur 4, Flurstück 43/1 (271 m²), b) Grundbuch von B. , Bl. 154, Flur 4, Flurstück 176 (217 m²), c) Grundbuch von B. , Bl. 283, Flur 4, Flurstück 179 (35 m²)

zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen im Wesentlichen ihren Sachvortrag erster Instanz und meinen, die Klägerin sei verpflichtet, ihnen die Grundstücke unbelastet zurück zu übereignen. Da sie den Kaufpreis in ihr neues Haus investiert hätten, sei es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, den Vertrag rückabzuwickeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, die in diesem Zusammenhang überreichten Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Auf das Rechtsmittel der Beklagten sind weiterhin die am 31.12.2001 geltenden Vorschriften anzuwenden, da die angefochtene Entscheidung auf eine vor dem 01.01.2002 geschlossene mündliche Verhandlung zurück geht (§ 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO). Die danach zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache jedenfalls insoweit Erfolg, als die auf Grund des Grundstückskaufvertrages vom 24.06.1998 erbrachten Leistungen nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, 433, 125 Satz 1, 313 Satz 1 a.F. BGB zurückzugewähren sind (1.). Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1 a.F., 434 a.F., 325 Abs. 1 Satz 1 a.F. BGB ggf. positiver Vertragsverletzung (pVV) oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) steht der Klägerin indes nicht zu (2.). Insgesamt kann die Klägerin 146.365,84 DM bzw. 74.835,67 € verlangen, allerdings nur Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübereignung der erworbenen Grundstücke bzw. der hierfür als Ersatz erhaltenen Fläche (3.), ohne dass dem Anspruch § 242 BGB entgegen steht (4.).

1. Für die Rechtsbeziehung der Parteien kommt es weiterhin auf die Vorschriften des BGB, wie sie bis zum 31.12.2001 gegolten haben, an (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin keinen Schadensersatz, sondern nur einen Bereicherungsanspruch, der allerdings die von ihr begehrte Rechtsfolge weitestgehend trägt (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 1, Abs. 3, 433, 313 Satz 1 a. F., 125 Satz 1 BGB). Der zwischen den Parteien geschlossene Grundstückskaufvertrag entbehrt der notariellen Form, was zur Nichtigkeit führt (§ 125 Satz 1 BGB). Auflassung und Eintragung der Klägerin im Grundbuch haben den Formmangel nicht geheilt (vgl. § 313 Satz 2 BGB a.F.).

a) Der Kaufvertrag vom 24.06.1998 wurde notariell beurkundet und kam so formwirksam zu Stande. Unstreitig hat die Klägerin allerdings von ihrem vertraglich eingeräumten Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht und gemäß § 3a des Vertrages frist- und formgerecht den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB), womit sich das Vertragsverhältnis nach § 346 BGB a.F. in ein Abwicklungsverhältnis wandelte. Der "Rücktritt vom Rücktritt" durch die Klägerin konnte den Kaufvertrag nicht wieder aufleben lassen. Der Rücktritt als Gestaltungsrecht führt unwiderruflich zur Umgestaltung der vertraglichen Beziehung (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 346 Rdn. 3, § 349 Rdn. 1; Janßen, in: MünchKomm.-BGB, 4. Aufl., vor § 346 Rdn. 45 f., § 346 Rdn. 10; § 349 Rdn. 2; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 349 Rdn. 1), wobei die Folgen mit Wirksamwerden der Rücktrittserklärung, nämlich deren Zugang beim Rücktrittsgegner eintreten (Staudinger/Kaiser, BGB, 13. Bearb., § 349 Rdn. 24). Den Parteien blieb danach nur die Neuvornahme des Geschäfts, wozu das Einverständnis der Beklagten mit dem "Rücktritt vom Rücktritt" durchaus ausreichte. Dieser neuerliche Vertragsschluss bedurfte allerdings wiederum der notariellen Form des § 313 Satz 1 a. F. BGB, die nicht gewahrt ist.

b) Die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch vermochte eine Heilung dieses Formmangels nach § 313 Satz 2 a. F. BGB nicht herbeizuführen, weil es an einer entsprechenden Auflassungserklärung fehlt (vgl. § 925 Abs. 1 BGB). Nur die wirksame Auflassung und die wirksame Eintragung im Grundbuch zusammen haben heilende Wirkung. Beide Akte müssen infolge des formnichtigen Vertrages geschehen (Staudinger/Wufka, § 313 Rdn. 264, 294; BGB-RGRK/Ballhaus, 12. Aufl., § 313 Rdn. 112; Palandt/Heinrichs, § 313 Rdn. 47). Dies setzt voraus, dass die Auflassung frühestens gleichzeitig mit dem zunächst formnichtigen Grundstücksgeschäft erklärt wird (BGH NJW 1978, 1577, Kanzleiter, in: MünchKomm.-BGB 4. Aufl., § 313 Rdn. 76). Die vor den formunwirksamen Absprachen der Parteien am 24.06.1998 erklärte Auflassung konnte nicht heilen, weil sie nicht in Erfüllung des formnichtigen Vertrags erfolgt sein kann, sondern sich auf die formwirksamen aber durch den Rücktritt umgestalteten Vereinbarungen bezog (BGH NJW 1983, 1543, 1545). Es verbleibt demnach bei der Nichtigkeit des Vertrages (§§ 125 Satz 1, 313 Satz 1 a. F. BGB).

2. Die Klägerin hat dementsprechend keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten, weil es sowohl für eine Haftung wegen der Belastung des Grundstücks mit obligatorischen Rechten Dritter nach §§ 440 Abs. 1 a. F., 434 a. F., 325 Abs. 1 Satz 1 a. F. BGB als auch auf Grund einer positiven Vertragsverletzung (pVV) an einem wirksamen Vertragsverhältnis fehlt. Soweit möglicherweise wegen der Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten Ansprüche aus c.i.c. bestehen könnten, mangelt es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Nichtzustandekommen des Vertrages, sodass die Klägerin auch hieraus nichts herleiten kann.

3. Im Falle der Nichtigkeit eines Vertrages wird durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Dieser Beteiligte ist dann Gläubiger eines einheitlichen, von vornherein durch Abzug der ihm zugeflossenen Vorteile beschränkten Bereicherungsanspruchs (BGH NJW 1995, 454, 455; BGH V ZR 82/99, vom 14.07.2000 - zitiert in juris). Zu berücksichtigen ist dabei auf Seiten der Beklagten zunächst der von der Klägerin gezahlte Kaufpreis von 170.000 DM (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klägerin hat hierfür die Grundstücke erhalten, die sie wiederum an die Beklagten zurückgeben muss. Da es sich hier um unterschiedliche Leistungen handelt, ist der Bereicherungsausgleich dadurch zu vollziehen, dass die Klägerin die Rückzahlung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung der Grundstücke erhalten kann. Dabei ist lastenfrei an die Beklagten zu übereignen, da die zur Kaufpreisfinanzierung auf Grund der Vorbelastungsvollmacht bestellte Grundschuld sich als Leistung der Beklagten an die Klägerin darstellt und somit in den Bereicherungsausgleich einzubeziehen ist (BGH NJW 2000, 3128, 3130). Da die Klägerin teilweise in Erfüllung des von den Beklagten geschossenen Vergleichs Grundstücke getauscht hat, genügt sie ihrer Rückübereignungspflicht, wenn sie entweder alle von den Beklagten übereigneten Grundstücke zurückgibt oder ihre Rückgabe auf das nach Vollzug des Tauschs noch in ihrem Eigentum Stehende beschränkt.

Weiter muss die Klägerin den Beklagten die gezogenen Nutzungen bzw. deren Wert herausgeben (§ 818 Abs. 1 u. 2 BGB). Dazu gehören zunächst die unstreitig den Beklagten an die Klägerin für die Nutzung des Grundstücks gezahlten 4.100 DM.

Für die eigene Nutzung des Grundstücks durch die Beklagte vom 10.04.1999 an bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.11.2002 hat die Klägerin, die das Grundstück auf Grund eines gescheiterten Erwerbs gebrauchte, den Nutzungswert nur in Höhe der durch Schätzung zu ermittelnden zeitanteiligen linearen Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer herauszugeben (BGH NJW 1996, 250, 252). Nach dem unstreitig gebliebenen Sachvortrag der Beklagten wies das Gebäude und damit das Grundstück zum Wohnen noch eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren auf. Der zugrunde zu legende Wert entspricht dem vereinbarten Kaufpreis von 170.000 DM (BGH a.a.O.). Jährlich ist deshalb von einem Wertverlust von 5.666,67 DM auszugehen. Monatlich sind dies 472,22 DM. Die Klägerin nutzt das Grundstück bis jetzt 43 Monate, sodass sich ein auszugleichender Gebrauchswert von 20.305,46 DM ergibt.

Entreichert ist die Klägerin allerdings wiederum um die für das Grundstück getätigten Aufwendungen, insbesondere die Verwendungen für die Erneuerung des Vordachs i.H.v. 771,30 DM (§ 818 Abs. 3 BGB; BGH NJW 1998, 1709, 1710; WM 2000, 1064, 1067). Den von ihr errichteten Schuppen kann die Klägerin allerdings abbauen.

Kapitalnutzungen der Kläger in Form erzielter oder ersparter Zinsen sind dagegen nicht zugunsten der Klägerin von den Forderungen der Beklagten abzuziehen bzw. dem zurückzuzahlenden Kaufpreis hinzuzuaddieren. Zu Gunsten der Klägerin sind nur tatsächlich gezogene Nutzungen (Zinsen) zu berücksichtigen (§ 818 Abs. 1 BGB; BGH NJW 1998, 454, 455; Palandt/Sprau, § 818 Rdn. 9 f). Solche sind auf Seiten der Beklagten nicht ersichtlich, da sie unbestritten vortragen, den Kaufpreis in ihr Haus gesteckt zu haben. Allein das Ausgeben von Geld führt nicht zu einem herauszugebenden Zinsvorteil. Ob etwas anderes gilt, wenn die Ausgaben unausweichlich und andernfalls zwangsläufig nur durch ein Darlehen zu finanzieren waren, kann mangels dahin deutenden Sachvortrages offen bleiben. Daraus ergibt sich insgesamt folgende Rechnung für den Zahlungsanspruch der Klägerin:

170.000 DM - (4.100 DM + 20.305,46 DM - 771,30 DM) = 146.365,84 DM.

4. Entgegen der Auffassung der Beklagten verhält sich die Klägerin nicht treuwidrig, indem sie sich auf den Formmangel beruft, ohne dass noch zu prüfen ist, inwieweit die gegenüber den Beklagten erhobenen Vorwürfe der Klägerin zutreffen. Gesetzliche Formerfordernisse dürfen nicht aus Billigkeitsgründen zur Disposition gestellt werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen; das Ergebnis muss für die betroffene Partei nicht nur hart, sondern untragbar sein (Palandt/Hein-richs, § 125 Rdn. 16 m.w.N.). Von den hierzu entwickelten Fallgruppen liegt weder die Arglist noch der schwere Treuverstoß auf Seiten der Beklagten vor. Ebenso wenig lässt sich die Gefährdung der Existenz der Beklagten ausmachen. Sie erhalten vielmehr für den zurück zu zahlenden Kaufpreisrest ein Grundstück, das nach den Vorstellungen der Parteien 170.000 DM wert war und im Wesentlichen auch wert ist. Dass die Beklagten nicht zwei Grundstücke unterhalten, insbesondere finanzieren können, beeinträchtigt ihre Existenz nicht, da sie in der Lage sind, ein oder beide Grundstücke durch Verkauf oder Vermietung zu verwerten. §§ 812 ff. BGB schließen insoweit die Existenzgefährdung gerade aus.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 BGB. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Einer Abwendungsbefugnis zu Gunsten der Klägerin bedarf es nicht, da die Beklagten aus dieser Entscheidung die Zwangsvollstreckung nicht betreiben können.

Die Revision lässt der Senat nicht zu, weil die Sache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO).

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug bestimmt sich nach §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1, 22 GKG, 3, 4 ZPO. Es kommt allein auf den geltend gemachten Zahlungsanspruch an. Die Einschränkung des Antrages durch die Zug-um-Zug-Leistung wird nicht berücksichtigt (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rdn. 16 - Stichwort: Gegenleistung und Gegenseitiger Vertrag; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rdn. 70, 186 f.).

Ende der Entscheidung

Zurück